19. Villa Rossa 2022

Zeitenwende?

Über Krieg, Globalisierung, Neue Weltordnung
und die Rolle Deutschlands

Die 19. „Villa Rossa“ wurde vom 22. August 2022 (Anreise Sa/So) bis zum 26./27. August (Abreise am Fr/Sa) in der Villa Palagione Centro Interculturale – Associazione ­­Culturale bei Volterra durchgeführt.

Nachdem 2020 die Villa Rossa der Pandemie halber abgesagt werden musste, haben wir sie 2021 unter dem Titel Welche Zeit danach? Über Krieg, Globalisierung, Neue Weltordnung und die Rolle Deutschlands wieder durchgeführt und freuen wir uns sehr, dass wir unsere Veranstaltungsreihe auch dieses Jahr fortsetzen konnten. Die Bedingungen für eine solche Veranstaltung sind zuverlässig gegeben.
Seit 1989 gibt es diesen „Lernort“ (Urban) unter verschiedenen Trägern und mittlerweile mit weit über 1000 Mitwirkenden (die Anzahl der Mitwirkenden ist begrenzt) und 120 ReferentInnen. Seit 2003 wird sie von der Stiftung gegenStand und dem ver.di Bildungswerk Hessen durchgeführt sowie von der Rosa Luxemburg Stiftung und Unterstützer*innen gefördert. Näheres zur Geschichte einer Villa findet sich in dem Buch „Mosaiklinke Zukunftspfade“ (2021).  In der Historie geht es um Sinngeneratoren, patrimonialen Kapitalismus, Schotterstraßen, Steineichen, Lesungen, Zeit, romantische Bilder und Gefühle – und um Politik.

Bereits die Anfang 2022 ursprünglich geplante Schwerpunktsetzung („Welt im Übergang: von Endspielen, Pausen, Auf und Abstiegen“) spiegelte Versuche wieder, unübersichtliche globale Konstellationen und Trends zu diskutieren. Aber jetzt dominiert Krieg. Von einer „neuen“ Ära oder Epoche und einer historischen Wende ist die Rede. Von einer Zeitenwende zu sprechen ist selbstverständlich geworden. Sicher ist: es ist eine dramatische Zeitenwende zum Schlechteren. Zum Schrecken der Pandemie hat sich der Schrecken des Krieges gesellt. Aber dies sollte nicht das einzige Thema sein.

Programm – Personen – Texte

Kurze Übersicht:

22.08
Frauenarbeit zwischen Bangladesch und Polen – wie Globalisierung Geschlechterverhältnisse formt – Judith Solty
Krise der Globalisierung und die Renaissance des geostrategischen Denkens in der Europäischen Union – Hans-Jürgen Bieling
Epochenwechsel in der Weltordnung: USA – Ingar Solty
Chinas globaler Aufstieg: Herausforderung für Europa – Felix Wemheuer
23.08
Welche Zeitenwende im Westen? Europäische (Un-)Sicherheit zwischen Krieg und Transformation  – Jürgen Scheffran
Zeitenwende – Politikwende: Der Ukraine-Krieg und das neue Verhältnis Deutschlands respektive der EU gegenüber Russland – Winfried Wolf
Bedrohte Weltgesellschaft: Aufbau von Resilienz statt Angst und Hilflosigkeit angesichts von Krieg, Klimakrise und Corona – Kerstin Zinser
Der Alltagsverstand und die Bedeutung von Angst für die Politische Bildung – Juliane Hammermeister
24.08: Zwischenbilanzen – der Tag der Debatten und Exkurse 
25.08
Politische Sklerose? Zu dem Selbstbildnis der liberalen Demokratie und ihrer zunehmend bedenklichen Verfassung – David Salomon
Zur Instrumentarisierung von bildender Kunst in kriegerischen Auseinandersetzungen: Das Exempel der Napoleonischen Kriege – Sigrid Hofer
Zeitenwende bei den Hohenzollern? – Godela Linde
Macht Wikipedia die Welt besser? – Anja Ebersbach
26.08.
Ohne Kompass? Italiens hektischer Sommer zwischen Draghi-Sturz, Wahlversprechen und kontroversen Kräfteverhältnissen
Daniela Caterina
LINKE Zeiten und deutsche Wechselkurse –  Hans-Jürgen Urban
Abschluss.

Übersicht

Montag 22. 08 Vormittag

Frauenarbeit zwischen Bangladesch und Polen – wie Globalisierung Geschlechterverhältnisse formt

  • Zum Thema: Der Vortrag erforscht die Rolle von Frauenerwersarbeit in Globalisierung und globalen Geschlechterverhältnissen. Welche Lieferketten sind besonders abhängig von Frauenarbeit? Welche Auswirkungen auf Geschlechterverhältnisse in Europa und den Herkunftsländern hat weibliche Migration durch weibliche Dienstleistungsketten? Abgerundet wird die Debatte mit dem Blick auf aktuelle Krisen und ihre Auswirkung auf globale Geschlechterverhältnisse. Das Ziel wäre also, Globalisierung dadurch etwas lebensweltlich greifbarer zu machen.
  • Literatur: Christa Wichterich:  Neoliberale Erwerbsmärkte., „Womenomics“ und Geschlechterverhältnisse. Eine Perspektive feministischer internationaler politischer Ökonomie, in:  Aus: Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung Nr. 110, Juni 2017, S. 8-18.
    Uir Vertiefung: Barber, Aja, 2021: Consumed – The need for collective change; colonialism, climate change & consumerism.
    Moré, Paloma, 2021: Global Older-Age Care Chains: Migrant Women in Spain and their Aging Parents in Ecuador. In: Villalever, Miranda (Hrsg.): Migrant Labor in Clobal Chains.
  • Zur Person: Judith Solty ist Referentin für Feministische Politik der Fraktion die LINKE. Im Bundestag. Sie hat Politikwissenschaft, politische Ökonomie und Islamwissenschaften in Heidelberg studiert.

Krise der Globalisierung und die Renaissance des geostrategischen Denkens in der Europäischen Union

  • Zum Thema: Die Globalisierung erlahmt und verkehrt sich mit Blick auf die Reorganisation globaler Wertschöpfungsketten zuweilen sogar in ihr Gegenteil. Dies betrifft auch die Europäische Union, die sich im Kontext einer „neuen Triade-Konkurrenz“ zwischen den USA, China und der EU geostrategisch neu positioniert. Im Zentrum stehen dabei industrie- und infrastrukturpolitische Konzepte, die geoökonomisch und geopolitisch „aufgeladen“ werden. Die EU reagiert damit nicht nur auf die Versicherheitlichung oder sogar „Weaponization“ der Wirtschaftsbeziehungen, sondern treibt diese Prozesse auch selbst mit voran.
  • Literatur: Bieling, Hans-Jürgen (2022): Die europäische Union im Zeitalter der „neuen Geopolitik“  in: Das Argument 338, 411-426.  Leonard Mark (2021):  The Age of Unpeace. How Connectivity Causes Conflict. London: Bantam Press,  Kap. 5 – 7.
  • Zur Person: Hans-Jürgen Bieling, Professor für Politische Ökonomie an der Universität Tübingen

Montag 22.8. Nachmittag

 Epochenwechsel in der Weltordnung: USA

  • Zum Thema: Das 21. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Hochtechnologierivalität zwischen den relativ absteigenden USA und dem aufsteigenden China. Die Herausforderung für die USA ist es, mit relativ geschwundenen Machtressourcen das souveräne China in einer untergeordneten Stellung in der Hierarchie der internationalen Arbeitsteilung zu halten. Hierbei sind die USA auf eine transatlantische Arbeitsteilung angewiesen. Der russische Krieg in der Ukraine verändert die Weltordnung. Für die USA bietet er die Chance, China in eine neue militärische, rüstungsindustriepolitische, finanzielle, ideologische und ökonomische (Lieferketten-) Blockkonfrontation zu drängen, Europa zu schwächen und die deutsche Abhängigkeit von den USA zu festigen.
  • Literatur: Ingar Solty:  Der kommende Krieg. Der USA-China-Konflikt und seine industrie- und klimapolitischen Konsequenzen. Reihe Analysen Nr.61, Berlin 2020; China-USA-Europäische Union. Hightech-Rivalität und Planstaat zwischen Tabu und Kopie, in: Das Argument 338/2022 S.427-438
    Zur Person: Ingar Solty ist Referent für Außen-, Friedens- und Sicherheitspolitik am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Chinas globaler Aufstieg: Herausforderungen für Europa

  •  Zum Thema: Der gegenwärtige Aufstieg der Volksrepublik China führt zu einer Neuordnung der globalen Machtverhältnisse. Auch innerhalb des Landes haben sich durch die wirtschaftliche Entwicklung Klassen- und Geschlechterverhältnisse grundlegend verändert. Der Referent untersucht außerdem Chinas große Transformation im Kontext globaler Trends des Siegeszuges des neoliberalen Kapitalismus. Rückständigkeit zu überwinden und den Westen wirtschaftlich einzuholen, war und ist ein zentrales Ziel der chinesischen Führung. Es wird der Frage nachgegangen, ob China das Weltsystem grundlegend verändert oder selbst zu einem neuen kapitalistischen Zentrum aufsteigt, welchen Charakter die heutige chinesische Gesellschaft hat und wie gerade durch den Staat die kapitalistische Transformation beschleunigt wird. Verbunden mit dem Aufstieg Chinas sind auch die gewachsene Bedeutung der globalen chinesischen Migration und die Rolle der migrantischen Communities im Ausland. In diesem Zusammenhang wird besonders auf die Herausforderungen für die europäische Gesellschaft eingegangen.
  • Literatur: Felix Wemheuer: Chinas große Umwälzung, Köln 2019, Kap. 6;  ders.: Mao und Mehrwert, in: Konkret 10/2021; ders.: Globale chinesische Migration und die Umwälzung des kapitalistischen Weltsystems, Pankower Beiträge 224, Berlin 2019 [Teil 1]  /  [Teil 2]; ders.: Chinas große Umwälzung, Köln 2019, Kap. 6
  • Zur Person: Felix Wemheuer ist Professor für Moderne China-Studien an der Universität Köln. Zu seinen Veröffentlichungen gehören «Social History of Maoist China», «Marx und der globale Süden», «Der große Hunger» sowie eine Biografie von Mao Zedong. Er war Gastwissenschaftler an der Harvard University und studierte «Geschichte der KPCh» an der Volksuniversität in Beijing.

Dienstag 23.8. Vormittag

Welche Zeitenwende im Westen? Europäische (Un-) Sicherheit zwischen Krieg und Transformation

  • Zum Thema: Nach dem Sieg des Westens im Kalten Krieg wurden die Chancen einer stabilen europäischen Sicherheitsordnung verpasst. Der expansive Wachstumspfad mit Globalisierung und technologischer Dynamik, Umweltbelastung und sozialer Spaltung, Nationalismus und Rechtspopulismus, politischer Instabilität und Militärinterventionen stößt auf Grenzen, Krisen und Konflikte. Hegemoniale Kämpfe führen zu Kipppunkten und Risikokaskaden, die Rüstungsdynamik schreitet voran, mit Atomwaffen, Weltraumrüstung, Drohnen und hybriden Kriegen. Der Ukrainekrieg wie auch der Klimawandel multiplizieren bestehende Probleme. Die neue Totalität des Krieges verbindet nahezu alle Bereiche der Gesellschaft, auch Infrastrukturen, Internet und soziale Medien. Die gemeinsame Bewältigung der Probleme mithilfe der Zivilgesellschaft erfordert eine nachhaltige und friedliche Systemtransformation.
  • Literatur: Jürgen Scheffran (2021):  Mythos-Der-Westen-kann-die-Weltprobleme-loesen. Diskussionspapier der Studiengruppe Europäische Sicherheit der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), 30.10.2021. Auch in: Die Friedenswarte, Band 94 (3–4), S. 205 –236. Ders.: Klimaschutz für den Frieden – Der Ukrainekrieg und die planetaren Grenzen. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 4/2022, S. 113-120.
    Melanie Hussak, Jürgen Scheffran, Klaus Harnack, Marius Pletsch, Paul Schäfer, Marek Voigt, Christiane Lammers, David Scheuing (2022) Krieg gegen die Ukraine: Einschätzungen zur Situation. In: Wissenschaft & Frieden, 2/22, S. 6-14. Jürgen Scheffran (2019) Formen hybrider Kriege: Zwischen Ambivalenz und Komplexität (Schwerpunkt: Hybrider Krieg?). In: Wissenschaft & Frieden. 3/2019.
  • Zur Person: Prof. Dr. Jürgen Scheffran hält eine Professur für Klimawandel und Sicherheit am Institut für Geographie und in der Klima-Exzellenz-Initiative der Universität Hamburg. Er arbeitet mit im Vorstand der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler und der Naturwissenschaftler-Initiative Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit. Seit 2016 ist er einer der Leiter des International Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility (INES).

Zeitenwende – Politikwende: Der Ukraine-Krieg und das neue Verhältnis Deutschlands respektive der EU gegenüber Russland

Zum Thema: Der Ukraine-Krieg ist Auslöser für eine grundsätzliche Neuorientierung der deutschen und der EU-Politik gegenüber Russland. Ein maßgeblicher „Treiber“ dabei ist die US-Regierung. Die Folgen sind geopolitischer Natur (engeres transatlantisches Bündnis; Konfrontation des „Westens“ mit Russland und indirekt auch mit China), haben enorme wirtschaftliche Bedeutung (veränderte Energiepolitik; in den Galopp übergehende Inflation; Gefahr einer tiefen Wirtschaftskrise) und sind mit großen militärische Gefahren verbunden (Ausweitung des Ukraine-Kriegs zu einem europäischen, auch atomar geführten).
Literatur: Winfried Wolf: Rüstung- militärisch-industrieller Komplex und Ukraine-Krieg, in: Lunapark21. Ders.: 15 Thesen zum Krieg des Kreml gegen die Ukraine (Fassung vom 22. 3. 2022). Zur Vertiefung: J.annes Hofbauer – Europa – ein Nachruf; Wien (Promedia) 2020.  Winfried Wolf, Sturzflug in die Krise. Die Weltwirtschaft. Das Öl. Der Krieg, Hamburg 2003, Konkret Literatur, 240 Seiten Nikos Chilas / Winfried Wolf, Die griechische Tragödie. Rebellion, Kapitulation, Ausverkauf, Wien 2016 und 2018 (2018 erweiterte 2. Auflage); IMI-Analyse 2022/26: Jürgen Wagner – Keine Verhandlungen – Mehr Waffen – Mehr Widerstand. Dreht sich die Stimmung über den Ukraine-Krieg in Deutschland? IMI-Analyse; Mai 2022
Zur Person: Winfried Wolf. Er ist Herausgeber von Lunapark21, Ko-Autor von „Corona, Kapital, Krise“

Dienstag 23.8. Nachmittag

Bedrohte Weltgesellschaft: Aufbau von Resilienz statt Angst und Hilflosigkeit angesichts von Krieg, Klimakrise und Corona

Zum Thema: Klimaerwärmung, Coronakrise und Ukrainekrieg in Europa führen zu „kollektivem“ und individuellem Bedrohungserleben. Angst ist ein überlebenswichtiges Gefühl, dass kurzfristig hilft, auf Gefahren zu reagieren. Langfristig führt es zu Stressempfinden, Ohnmachtsgefühlen, Kontrollverlust und zu psychischen aber auch körperlichen Beeinträchtigungen. Was kann aus psychotherapeutischer Sicht beigetragen werden, um handlungsfähig zu bleiben? Ein Modell des Bedrohungserlebens erklärt Zusammenhänge. Begriffe wie Achtsamkeit, Resilienz, Mitgefühl und Fürsorge für andere und sich selbst gewinnen immer mehr an Bedeutung, um handlungsfähig zu bleiben.
Literatur: Eckardt J. (2022): Das neue Miteinander. Eine Psychologie der solidarischen Gemeinschaft. Bielefeld: Fischer & Gann. Stierle C. (2022): Compassion Focused Therapy in der Praxis. Weinheim: Beltz Verlag.
Zur Person: Kerstin Zinser Dipl. Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, niedergelassen in eigener Praxis für Erwachsene

Der Alltagsverstand und die Bedeutung von Angst für die Politische Bildung  

Zum Thema: Soziale Polarisierung und zunehmende Prekarisierung, ökologische Destruktion und das Erstarken rechter Kräfte bestimmen den Gegenwartskapitalismus. Der konzeptionelle Ansatz einer „Mosaik-Linken“ will sich mit dem herrschenden gesellschaftlichen Katastrophenzustand und der durchaus realen Gefahr eines historischen Endes der Linken nicht abfinden (Urban). Der Beitrag fragt nach den Voraussetzungen einer politisierten Subjektivität in einer globalen Welt, in der die akuten Katastrophenpotentiale eher Angst als Widerständigkeit hervorzurufen drohen. Die Frage ist daher, wie beide zu Triebkräften linker Politik werden könnten.
Literatur: Juliane Hammermeister: Die Mosaiklinke oder von der Frage nach dem verstrickten Subjekt, in: Brigitte Aulenbacher u.a. (Hrsg.): Mosaiklinke Zukunftspfade. Gewerkschaft, Politik, Wissenschaft. Münster 2021 S.43-51
Zur Person: Juliane Hammermeister ist als Oberstudienrätin an den Ernst-Reuter-Schulen I und II in Frankfurt am Main tätig. Ihre Publikationen thematisieren vor allem Fragen des kritischen politischen Lernens sowie der Rezeption zentraler Kategorien von Antonio Gramsci für Theorie und Praxis politischer Lernprozesse.

Mittwoch 24.8.  Diskussion / Exkursion 

Donnerstag 25.8. Vormittag

 Politische Sklerose? Zu dem Selbstbildnis der liberalen Demokratie und ihrer zunehmend bedenklichen Verfassung

 Zum Thema: Klimawandel, Pandemie, Finanz- und Wirtschaftskrise(n), Krieg: Derzeit lässt sich nicht nur eine Krise westlicher Demokratien beobachten, sondern darin zudem eine tiefe Krise politischer Steuerungsfähigkeit ausmachen. Im scharfen Kontrast dazu steht das „Narrativ“ von der liberalen Demokratie als einem strahlenden Zukunftsmodell für die ganze Welt. Die Demokratie – so die These – benötigt, soll sie gerettet werden, eine grundlegende Renovierung ihres Fundaments.
Literatur: David Salomon, Demokratie, Köln 2012. Eberl, Oliver; Jörke, Dirk; Salomon, David: Die Krise der Demokratie und der Blick nach unten. In: Leviathan. Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaften 50 (1), S. 12-26.
Zur Person: Dr. David Salomon ist Politikwissenschaftler und einer der drei Leiter des Projekts „Der Blick nach unten. Soziale Konflikte in der Ideengeschichte der modernen Demokratie“ an der TU-Darmstadt.

Zur Instrumentarisierung von bildender Kunst in kriegerischen Auseinandersetzungen: Das Exempel der Napoleonischen Kriege.

 Zum Thema: Im Zentrum des Vortrags steht die Funktionalisierung von Werken der bildenden Kunst in kriegerischen Auseinandersetzungen am exemplarischen Beispiel der Napoleonischen Kriege mit einem Ausblick auf die aktuellen Auseinandersetzungen um Restitution, Entschädigungsforderungen und letztlich die Frage: „Wem gehört die Kunst“?
Literatur / Quellen: Zum Einstieg: Bénédict Savoy: Das Auge Napoleons. Dominique-Vivant in Norddeutschland und Österreich 1806-1809, in: dies., Bénedict Savoy: Das Auge Napoleons. Napoleons Konfiszierungen  in Deutschland und die europäischen Folgen. Wien, Köln, Weimar 2010 S. 118-148 (452-455);  Zur Vertiefung:  Hartmann, Uwe (Hg.): Kulturgüter im Zweiten Weltkrieg. Magdeburg 2007; Paas, Sigrun (Hg.). Beutekunst unter Napoleon. Die „französische Schenkung“ an Mainz 1803, Ausst.-Kat. Landesmuseum Mainz, Mainz 2003; Savoy, Bénédicte. Napoleons Konfiszierungen in Deutschland und die europäischen Folgen, mit einem Katalog der Kunstwerke aus deutschen Sammlungen im Musée Napoléon, Wien 2011; Swoboda, Gudrun (Hg.). Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums. Europäische Museumskulturen um 1800, Bd. 2, Wien 2013;
Zur Person: Sigrid Hofer ist seit 2003 Professorin für Kunstgeschichte an der Christian-Albrechts-Universität Kiel bzw. dann an der Philipps-Universität Marburg.

Donnerstag 25.8. Nachmittag

Zeitenwende bei den Hohenzollern?

Zum Thema: Die Hohenzollern stellten neun preußische Könige und drei deutsche Kaiser. Georg Friedrich Prinz von Preußen, der sich immer noch Königliche Hoheit nennen lässt, befehligt keine Armee, bringt es aber zum Reservemajor bei den Gebirgsjägern. Er trinkt nicht Tee mit Göring, seine Frau und er nehmen aber einen Preis der World League for Freedom and Democracy, (früher World Anti-Communist League) an, die Familie bekommt vom Netzwerk Recherche e.V. den Negativpreis Verschlossene Auster verliehen. Und er ist unbeirrbar. Er hat ein Anliegen: Das reiche Erbe der Hohenzollern doch noch über die Zeiten zu retten und die Deutung über die Familiengeschichte zu gestalten. Die Hohenzollern wurden bekanntlich zweimal enteignet. Volksbegehren probten den Aufstand. Die Republikfeindlichkeit des Kaisers und seines Sohnes gefährdet Restitutionsansprüche. Nun soll nach langen Jahren der geheimen Verhandlungen die Justiz entscheiden.
Literatur: Leander F. Badura: 1-Kein Reich_kein Geld. In: Der Freitag vom 19.05.2022.  2-Vermögensauseinandersetzung 1926-Auszug aus dem Vertrag von 1926, mit dem statt einer Enteignung das Vermögen der preußischen Hohenzollern zwischen ihnen und der Republik aufgeteilt wurde. (S.3-6);  3-Bodenreform und Wiedervereinigung;   4-Bodenreform – Enteignungen Final.  5-Kaiserschnuppern- Folklore-Andacht auf You Tubes !
Zur Person: Godela Linde
war im gewerkschaftlichen Rechtsschutz beschäftigt. Mit Rentenbeginn ist sie als Anwältin, Autorin und Referentin tätig, vorzugsweise mit Frauenthemen. Und sie hat seit Jahrzehnten die Teilnahme von weit über 150 Referent:innen an der Villa Rossa organisiert.

Macht Wikipedia die Welt besser?

Zum Thema: Vor über 20 Jahren ging die Wikipedia an den Start – und hat die Welt verändert. Doch kein profitorientierter Konzern steckt dahinter, sondern eine Stiftung und vor allem Hunderttausende von freiwilligen Autor*innen weltweit. Da gibt es auch zahlreiche Konflikte bzgl. strittiger Inhalte und Manipulationsversuche bis hin zur Verteilung der nicht unerheblichen Spendeneinnahmen zwischen den europäischen Vereinen und der mächtigen amerikanischen Mutterstiftung. Wer hat sich Wikipedia ausgedacht? Wie demokratisch ist die Internet-Enzyklopädie? Und welche Pläne hat sie für die Zukunft?
Literatur: Djik, Ziko van: Wikis und die Wikipedia verstehen: Eine Einführung. Transcript Verlag, 2021; Olaf Dilling: Wissensallmende oder Werbeplattform? Wikipedia am  Scheideweg zwischen Commoning und Kommerzialisierung. In: Daniel Schläppi & Malte-Christian Gruber (Hrsg.): Von der Allmende zur Share Economy: Gemeinbesitz und kollektive Ressourcen in historischer und rechtlicher Perspektive. BWV, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, 191-210 .
Zur Person: Anja Ebersbach ist Informationswissenschaftlerin aus Regensburg, Autorin diverser Fachbücher zum Thema Social Web und Geschäftsführerin der Firma „Hallo Welt!“ GmbH

Freitag Vormittag: 26.8.

Ohne Kompass? Italiens hektischer Sommer zwischen Draghi-Sturz, Wahlversprechen und kontroversen Kräfteverhältnissen

Zum Thema: Im Sommer 2022 sorgt Italiens politische Lage – mal wieder – für Aufregung und Verwirrung europaweit. Was bedeutet das abrupte Ende des Draghi-Kurses für die streitenden Parteien der ehemaligen Mehrheit? Wie positionieren sie sich in einem Wahlkampf, in dem zwischen anhaltender Covid-Pandemie, Ukraine-Krieg und USA-China-Spannungen innen- und geopolitische Fragen höchster Relevanz zutiefst verflochten sind? Der Vortrag zielt darauf ab, wichtige Zusammenhänge und Hintergründe solcher aktuellen Entwicklungen im Lande zu beleuchten und dabei die Notwendigkeit einer langfristigen analytischen Perspektive – in Bezug auf die kontroversen Kräfteverhältnissen im rechten Lager sowie auf die fragilen Koalitionsbildungsversuche im linken Spektrum – zu betonen.
Literatur: Affaticati, Andrea : Retter Draghi. Italiens Parteien ohne Kompass, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 3/2021, pp. 21-24; Affaticati, Andrea: Machtkampf in Italien: Die Suche nach dem neuen Zentrum, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 8/2022, pp. 17-20; Meiler, Oliver: Die unverdauliche Rechte, in: SZ, Nr. 169, 25. Juli 2022.
Zur Person: Daniela Caterina ist Lecturer an der School of Philosophy der Huazhong University of Science and Technology Wuhan, PRC. Sie beschäftigt sich unter anderem mit der politischer Ökonomie Italiens, vor allem mit der Rolle von populistischen Kräften, und verbindet dieses Forschungsinteresse mit einem Fokus auf EU-China-Beziehungen.

LINKE Zeiten? … und deutsche Kurswechsel

 Zum Thema: Als Abschluss des Seminars diskutiert Hans -Jürgen Urban über die in dem Krieg entstehenden Bedingungen und Zielsetzungen von Politik: Kontrollverluste, Autoritarismus und Exterminismus, Krisen der Nachhaltigkeitspolitik, rapide Verschärfung sozialer Ungleichheiten, Aufwertung der Militär- und Sicherheitspolitik, massive Grenzziehungen – oder neue und alternative Handlungsoptionen nicht nur in Europa. Auch wenn vieles offenbleiben muss, so steht außer Frage, dass in den Krisen des Parteiensystems und der starken zeitgleichen Aufwertung der Arenen der Staaten auch eine revitalisierende Linke europäische Perspektiven formulieren muss, welche die Anschlussfähigkeit an globale Politiken systematisch mit reflektiert.
Literatur: Hans-Jürgen Urban:  Für eine öko-soziale Reformallianz , in über:morgen April 2021 S.6-9; Zeitenwende wohin? Die moralische Empörungsspirale als Sackgasse, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 7/2022 S.79-88
Zur Person: PD Dr. Hans-Jürgen Urban ist geschäftsführendes Vorstandmitglied der IG Metall, zuständig für die Themen Sozialpolitik sowie Arbeitsgestaltung und Qualifizierungspolitik. Er ist Privatdozent an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Mitglied im Institutsbeirat DGB Index Gute Arbeit und Mit-Herausgeber der „Blätter für deutsche und internationale Politik“.

Abschluss

Seminarzeiten: Vormittags 9.30-11.00 sowie 11.20 bis 13.00; nachmittags 15.30 bis 16.50 sowie 17.10 bis  ca. 18.30

Wir machen darauf aufmerksam, dass die hier zur Verfügung gestellten Texte bzw. Textauszüge ausschließlich zur Arbeit in dieser Veranstaltung benutzt werden dürfen.

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