Villa Rossa 2018: Programm | Personen | Texte

27. 8. Montag. Profil des Tages: Öffentliches, Medien, Sprechen. Über Propaganda und Kapital

Vormittag 9:00 bis 12:30

9.00 – 9.30 Vorstellungsrunde

9.30-10.00  Das Öffentliche in der Öffentlichkeit. 4 Stichworte. Rainer Rilling (Marburg)
Zum Thema:
Als Einstieg ein kurzer Ausflug zur Entstehung, Entwicklung und Bedeutung der Begriffe.
Literatur: Das Öffentliche, in: U. Brand u.a., ABC der Alternativen 2.0, Hamburg 2012. S.184f.
Zur Person: Rainer Rilling, Jg.45,  Soziologe, apl. Prof. für Soziologie an der Universität Marburg. Von 1999 bis 2011 Mitarbeiter, seit 2012 Fellow und seit 2014 Vorstandsmitglied der Rosa Luxemburg Stiftung. Er ist Miterfinder der Villa Rossa.

10.15 – 13.00: „Wir schaffen das!“ – Flucht nach vorne. Die deutsche Version der Flüchtlingskrise, oder: Ein riskantes Experiment in Sachen Öffentlichkeit und neoliberaler Hegemonie. Clemens Knobloch (Siegen)
Zum Thema: 
„… weil sich da so ziemlich alles verdichtet, was die augenblicklich politisch relevante Öffentlichkeit ausmacht“
Literatur:  Knobloch, Clemens (2013): „Migration und Demographie“. In: Lars Koch (Hg.): Angst. Ein internationales Handbuch. Stuttgart: Metzler. S. 351-358.
Paul, Jobst (2015): „Lebenlassen oder Sterbenlassen? Die Flüchtlingskrise zwingt die politische Klasse in Deutschland zur Offenlegung ihrer Wertgrundlagen.“ In: DISS-Journal 30/2015. S. 2-4.]
Krüger, Uwe (2016): Mainstream. Warum wir den Medien nicht mehr trauen. München: Beck. [Liegt elektronisch nicht vor]
Zur Person: Zwischen 1987 und 2016 Professur Germanistik/Linguistik an der Univ. GH Siegen. Beirat RLS NRW. https://clemensknobloch.de/

Nachmittag 15.30 bis 18.30

15.30 – 16.50: Der Knatsch in den Kasematten. Wolfgang Kreuter (Düsseldorf ->/ Göteborg)
Zum Thema: Es geht umTaktiken, Themen und Täter sowie Brüche und Widersprüche in der aktuellen Propaganda- und Ideologieproduktion.
Literatur & weitere Anregungen: Sind für Juni 2018 avisiert.
Zur Person:
https://www.xing.com/profile/Wolfgang_Kreuter2 | http://krtr.org/team | https://se.linkedin.com/in/wolfgang-kreuter-4a313b5/de

17.10-18.30: Medienwirtschaft . Kapitalismus oder Algorithmus? (Gert Hautsch/Frankfurt)
Zum Thema:
Behandelt werden die folgenden Stichpunkte: Wer die deutschen Medien beherrscht | Die Medien unter dem Druck von Digitalisierung und Internet | Die neue Macht aus Übersee | Deutsche Medienkonzerne: Suche nach dem Ausweg | Wohin die Reise gehen könnte
Literatur:
Zunächst zwei Beiträge von Gert Hautsch, die in „Z“ erschienen sind: Medienwirtschaft: Medienwirtschaft: Umstrukturierung durch Digtalisierung.In: Z 98, Juni 2014 sowie Medienwirtschaft: Auf der Suche nach dem Ausweg in: Z 108 Oktober 2016. Weitere ergänzende Texte zur Lektüre: „Liebe ist kein Algorithmus“. Gespräch mit Christoph Keese. Über Venture-Kapitalismus, digitalen Sozialismus und die Ideologie des Silicon Valley.  Die Fragen stellte Thomas Wagner. In: Junge Welt, 11. 10. 2014 sowie Disruption 2-0, in: Werben & Verkaufen v.1.8.2016.
Zur Person: Gelernter Schriftsetzer, Diplom-Volkswirt und Dr. rer. pol. Bis 1984 Arbeit am IMSF, später als Redakteur in einem Zeitschriftenverlag. Dort war er viele Jahre Betriebsratsvorsitzender und ehrenamtlich für die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sowie deren Vorgängerorganisationen tätig. Er untersucht das Geschehen in der deutschen Medienwirtschaft und schreibt darüber in Büchern, Zeitschriften, Zeitungen und im Internet. Vierteljährlich erscheinen seine „Quartalsberichte zur deutschen Medienwirtschaft“ auf der ver.di-Verlagswebseite (http://tinyurl.com/m4qledu).

28. 8. Dienstag. Profil des Tages: Öffentlichkeit & Rechte.

Vormittag 9.30 – 13.00

9.30- 11.00 Projekt Volkspartei. Warum und wie die Neue Rechte nach einer eigenen Antwort auf die soziale Frage sucht.  (Thomas Wagner, Berlin)
Zum Thema:
Die nationalrevolutionäre Strömung, die in den 70er Jahren eine Renaissance erlebte, wurde danach marginalisiert. Nun knüpft die jüngste Generation der Neuen Rechten wieder daran an. Intellektuelle wie der Autor Benedikt Kaiser und der Kleinverleger und Organisator Philip Stein wollen ihr Lager sozial- und europapolitisch auf einen neuen Kurs bringen. Der Verein „Einprozent“ leistete – was die Presseresonanz zeigt – erfolgreich Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Thomas Wagner hat mit einigen der Akteure gesprochen. Hat dieser Ansatz Zukunft im rechten Milieu und was bedeutet das für die Linke? Die Hauptthese: Wenn es der AfD gelingt, neben dem dominanten nationalliberalen einen starken sozialen Flügel aufzubauen, erhöhen sich ihre Chancen sich als rechte Volkspartei zu stabilisieren.
Literatur, Texte: Richard Gebhardt: »Querfront“«? Zur Kapitalismuskritik und Diskurspiraterie der Neuen Rechten. In: Das Argument 323, S.347-362 sowie: Thomas Wagner: Wer die Rechte bekämpfen will, muss ihr Denken kennen. Eine Antwort auf Richard Gebhardt, in: Das Argument 325/2018 S.107-114. Ergänzend: Benedikt Kaiser: Querfront. Schnellroda 2017 (liegt elektronisch nicht vor).
Zur Person: Freier Autor, u.a. junge Welt, Hintergrund, Wochenzeitung, Die Zeit, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, Der Freitag, Neues Deutschland, Neue Zürcher Zeitung, Wespennest, taz, Graswurzelrevolution. [Zuletzt: Die Angstmacher. 1968 und die Neuen Rechten. Berlin, Aufbau-Verlag, 2017, dazu ein paar Rezensionen im Perlentaucher,  in der Berliner Zeitung und natürlich von Volkmar Wölk. RR].

11.30-13.00: Rechtes Reden – Gegenrede und eigene Gesprächsstrategien (Frauke Büttner – – GEGENARGUMENT, Berlin)
Zum Thema:
„Rechte Aussagen machen mich oft sprachlos.“ „Macht es Sinn, jetzt zu diskutieren – oder habe ich noch andere Handlungsoptionen?“ „Darf ich im Rahmen meiner Tätigkeit `politisch´ argumentieren – oder muss ich es sogar?“ Diese und andere Fragen stellen sich viele Menschen, seit rechte und rassistische Positionen wieder sicht- und hörbarer geworden sind. In den letzten Jahren haben sich die Grenzen des Sagbaren verschoben. Heute greift die AfD Fäden auf, die zuvor Thilo Sarrazin mit seinen Tabu-Brüchen und rassistischen Statements hoffähig gemacht hat. PEGIDA trug diese Positionen vom Sofa auf die Straße und machte sie für ein breites Spektrum politisch anschlussfähig. Rechte und rassistische Einstellungen haben eine lange Geschichte in Deutschland und Europa, doch heute begegnet uns ihr verbaler Ausdruck wieder verstärkt im beruflichen und privaten Alltag. Um gute Antworten und wirkungsvolle Gegenstrategien entwickeln zu können, ist es zunächst wichtig zu wissen, mit welchem Phänomen wir es zu tun haben. Frauke Büttner wirft in ihrem Vortrag zunächst einen Blick auf rechte Argumentationsmuster und Diskursstrategien, die uns aktuell im öffentlichen  Diskurs begegnen. In einer kleinen interaktiven Diskussion widmen wir uns der Frage, in welchen Situationen es eigentlich Sinn macht, mit dem Gegenüber in ein Gespräch einzusteigen und wann es hilfreicher sein kann, sich auf eine kurze Positionierung zu beschränken – oder gleich etwas ganz anderes zu tun. Abschließend werden bewährte, hilfreiche eigene Gesprächsstrategien vorgestellt und gemeinsam diskutiert oder – sollte noch Zeit und Energie da sein – gemeinsam exemplarisch ausprobiert.
Literatur: Rosa-Luxemburg-Stiftung (Hg.): “Haltung zeigen! Gesprächsstrategien gegen Rechts.” Autorinnen:  Frauke Büttner, Wiebke Eltze, Lisa Gutsche, Juliane Lang). Berlin, Juli 2017.
Robert Feustel, Nancy Grochol, Tobias Prüwer, Franziska Reif (Hg.): „Wörterbuch des besorgten Bürgers“. Ventil-Verlag, Mainz 2017.
Zur Vertiefung: Volker Weiss: „Die autoritäre Revolte. Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes.“ Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2017
Zur Person: Frauke Büttner ist Politikwissenschaftlerin, lebt in Berlin und ist seit über 15 Jahren in  der Rechtsextremismus- und Rassismusprävention tätig. Zunächst arbeitete sie ab 2002 für mehrere Jahre in Mobilen Beratungsteams und  Netzwerkprojekten gegen Rechtsextremismus in Thüringen und Berlin. Seit 2007 ist sie als politische Bildnerin, Coach, Beraterin und Journalistin selbstständig mit den Schwerpunkten Entwicklung kommunaler und zivilgesellschaftlicher Handlungsstrategien gegen Rechts, Rassismus-Sensibilisierung, Stärkung interkultureller Kompetenz, Geschlechterverhältnisse im Rechtsextremismus sowie Rechtsextremismus in Spanien. Gemeinsam mit weiteren Kolleg*innen entwickelt sie das im Jahr 2008 entstandene Konzept GEGENARGUMENT stetig weiter und führt bundesweit für verschiedene Zielgruppen aus Politik und Gesellschaft Argumentationsseminare durch (www.gegen-argument.de).  Im Jahr 2017 schloss sie eine Weiterbildung als systemische Beraterin und Prozessbegleiterin erfolgreich ab. Frauke Büttner ist Mitglied im Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus und im Verein für Demokratische Kultur e.V.. -> www.frauke-buettner.de .

Nachmittag 15.30 bis 18.30

15.30-16.50: Rechtspopulistische Kommunikationsmacht (Gerd Wiegel, Berlin)
Zum Thema: Mit „Alternativen Fakten“ will die modernisierte radikale Rechte ihre Ideologie verbreiten und entwickelt dafür Formen „alternativer Öffentlichkeiten“. Die AfD als parteipolitischer Ausdruck dieser Rechten in Deutschland bewegt sich in einem ganzen Netzwerk dieser alternativen Öffentlichkeit, mit denen ganz unterschiedliche Adressaten erreicht werden können. Beispiel dieser Netzwerke und die exemplarische Verbreitung alternativer Fakten sollen anschaulich gemacht werden.
Literatur:   Alexander Sängerlaub: Verzerrte Realitäten: „Fake News“ im Schatten der USA und der Bundestagswahl (hier als .pdf) , Studie Berlin Oktober 2017 Stiftung Neue Verantwortung; Bernd Gäbler: ‚AfD und Medien‘: Analyse eines Spannungsverhältnisses und ‚Handreichungen‘ für den medialen Umgang mit Rechtspopulisten ,  Arbeitspapier der Otto-Brenner-Stiftung, Berlin 2017
Zur Person: Gerd Wiegel ist Politikwissenschaftler, Publizist und Referent für Rechtsextremismus/Antifaschismus der Fraktion DIE LINKE im Bundestag. Er publiziert regelmäßig zum Thema extreme Rechte in Deutschland und Europa und ist Redakteur der Vierteljahreszeitschrift Z. Zeitschrift marxistische Erneuerung. Zuletzt:  „Ein aufhaltsamer Aufstieg. Alternativen zu AfD & Co.“, Köln 2017 und im Kommen:  Christoph Butterwegge; Gudrun Hentges, Gerd Wiegel: Rechtpopulisten im Parlament. Polemik, Agitation und Propaganda der AfD, Westendverlag (erscheint Oktober 2018)

17.10-18.30: Rechte Diskurspolitiken in den USA – ein Vorbild für Deutschland? (Ingar Solty, Berlin)
Zum Thema: Im Beitrag soll es gehen über  Öffentliche Schulbildung, Sexualerziehung und rechter Widerstand gegen kulturelle Liberalisierung (über den Kulturkampf und seine Ursachen am Beispiel der Bildungspolitik in Deutschland und den USA; um Markt-Religion: Zur Genealogie neoliberaler Religiösität in den USA, damit über religiösen Kulturkampf-Konservatismus und den Versuch einer historisch-materialistischen Grundierung der antoisozialstaatlichen Rechten;  das Crisis Interregnum, in dem allgemeine Überlegungen zur Plausibilität rechter Deutungsmuster diskutiert werden und schließlich um die politische Artikulation der globalen Krise heute.
Literatur:
Auf Linie gebracht, in: Junge Welt, 2.-3.9.2017 sowie Feind im Fernost, Junge Welt 4.9.2017
Die politische Artikulation der_globalen Krise heute, in: Z 107 (2016) S. 8-18
Markt-Religion. Die Genealogie neoliberaler Religiösität in den USA, in: Prokla 1/2016 S.35-56
Öffentliche Schulbildung, Sexualerziehung und rechter Widerstand gegen kulturelle  Liberalisierung.  Lassen sich die Bewegung gegen den Bildungsplan 2015 in Baden-Württemberg und die Bewegung gegen die «Common Core State Standards Initiative» in den USA vergleichen? in: Lucie Billmann (Hg.):  Unheilige Allianz, Berlin  2015 S.30-38
Zur Person: Ingar Solty ist Referent für Friedens-, Außen- und Sicherheitspolitik am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Letzte Buchveröffentlichungen: „Die USA unter Obama“ (2013), „Exportweltmeister in Fluchtursachen? Die neue deutsche Außenpolitik, die Krise und linke Alternativen“ (2016) und „Richtige Literatur im Falschen? Schriftsteller – Kapitalismus – Kritik“ (als Ko-Herausgeber, 2016).

30. 8. Donnerstag. Profil des Tages: Exempel

Vormittag 9.30 – 13.00

9.30-11.00: Rosa Luxemburgs Vertreibung aus der Öffentlichkeit – ein Fall aus Polen (Holger Politt, Berlin)
Zum Thema:
Ein schockierender Höhepunkt in den Bemühungen der regierenden Nationalkonservativen, Polen möglichst von allen ihnen aufstoßenden Spuren der Vergangenheit zu säubern, war im März 2018 die Entfernung der Tafel in Zamość, mit der an Rosa Luxemburg erinnert wurde. Auf der 1979 angebrachten Tafel ist lediglich zu lesen, dass die hervorragende Vertreterin der internationalen Arbeiterbewegung hier 1871 zur Welt gekommen war. Regierungsamtlich wurde festgelegt, dass bereits damit der Tatbestand von gesetzlich verbotener Propaganda des Kommunismus erfüllt sei. Die Gesetzeslage ist so, dass in den eigenen vier Wänden kommunistische Propaganda betrieben werden darf, soviel jemand nur will, aber verboten ist sie, sobald sie das Licht der Öffentlichkeit erreicht hat.
Die Welt ist auf die fragwürdigen symbolpolitischen Vorgänge in Polen aufmerksam geworden, als die Regierungsseite mit gesetzlichen Mitteln auch in die öffentliche Diskussion um den Holocaust und die Beziehungen zwischen dem katholischen und dem jüdischen Bevölkerungsteil im okkupierten Polen einzugreifen suchte. Der unerwartet heftige Sturm der Entrüstung hat Polens Nationalkonservative zum Rückzug bewegt, so ist auch im Kampf gegen das Gespenst des Kommunismus plötzlich ein wenig Ruhe eingekehrt. Doch sie bleiben dabei: Wer sich des Kommunismus verdächtig macht, ist polenfeindlich und muss folglich aus der Öffentlichkeit des Landes entfernt werden. Mit Rosa Luxemburg trifft das Verdikt eine Persönlichkeit der Zeitgeschichte, die wie kaum jemand sonst im damaligen Polen so radikal und konsequent für das Prinzip einer offenen, unbehinderten Öffentlichkeit eintrat. Sie vertraute der Stärke der eigenen Bewegung, sobald sie bei der Durchsetzung der eigenen gesellschaftlichen Ziele die gleichen Freiheitsrechte in Anspruch nehmen kann wie der Gegner. Der Kampf gegen die Zarenherrschaft, deren wichtige Stütze die kontrollierte, zensierte und geknebelte Öffentlichkeit war, ließ sie zu einer glänzenden Streiterin für Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Organisationsfreiheit werden. An ihrer ritterlichen Ehre gepackt sehen sich die nationalkonservativen Geschichtspolitiker, sobald sie der Vorwurf trifft, sie scheuten die öffentliche Debatte, sie verschanzten sich hinter Gesetz und omnipotenter Geschichtsbehörde. Sie argumentieren, dass der Kampf gegen die gefährlichen Gespenster der Vergangenheit diese Schanze brauche. Rosa Luxemburg hätte nur ein müdes Lächeln übrig für diese Art von Ritterkampf, bei dem das schillernde Wort der Freiheit ständig im Mund geführt wird.
Literatur:
Jan Opal: Das Gespenst des Kommunismus, in: Das Blättchen 4/2018; Ludger Storch: »Ich war, ich bin, ich werde sein«. Der geschichtsvergessenen Zerstörungswut der PiS fiel auch eine Erinnerungstafel an Rosa Luxemburg zum Opfer, in: ND v. Zur Person: 1958 in Greifswald geboren, 1980 bis 1985 Studium der Philosophie an der Karl-Marx-Universität Leipzig, 1994 an der Martin-Luther-Universität in Halle/Saale Promotion mit einer ideengeschichtlichen Arbeit über einen polnischen Zeitgenossen  Rosa Luxemburgs. Seit 2002 Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung, zuletzt vertieft in das polnische Werk Rosa Luxemburgs mit mehreren Übersetzungen ins Deutsche, seit 2017 Leiter des Büros der Stiftung in Warschau. Unter den philosophischen Köpfen haben ihm es in besonderer Weise Ernst Bloch, Georg Lukács, Theodor W. Adorno und Walter Benjamin angetan. -> Referent für editorische und historische Arbeit zu Rosa Luxemburg, zahlreiche Publikationen zu Polen https://www.rosalux.de/profil/es_detail/KHA1D3BZTY/dr-holger-politt/

11.30-13.00: Geheimsache Betrieb –  Sanktionen und Öffentlichkeit (Godela Linde, Marburg)
Zum Thema:
Eine geführte Reise durch die Dunkelpolitiken in bundesdeutschen Betrieben.

Zur Literatur:
Urteile: BAG 26.02.1987 |  Entgelttransparenzgesetz  | LAG Baden-Württemberg 20.10.1976 |  LAG Hessen 20.03.2017 .

Zur Person: Mitbegründerin der Stiftung gegenStand, nach Jahrzehnten im gewerkschaftlichen Rechtsschutz (zuletzt im Centrum für Revision und Europäisches Recht) nun Anwältin, Autorin,  Referentin und Rentnerin.
Zuletzt publiziert:  Sexuelle Belästigung ist unerwünscht, in: Arbeit und Recht 3/2018 S.123-128; Basta! Gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Köln 2015. Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer / innen im Hessischen Einzelhandel Kommentar für die betriebliche Praxis 2015.

15.30-16.50: Klasse und Öffentlichkeit. (Sebastian Sevignani, Jena) Zum Thema: Im Workshop wird es darum gehen Klassentheorie mit Öffentlichkeitstheorien zu verbinden. Die Hoffnung dabei ist, dass so indirekt und in der Zusammenschau mit den thematisch einschlägigeren Beiträgen, auch Einsichten gewonnen werden können, die helfen das Problem des Rechtspopulismus zu verstehen.
Es werden folgende grundlegende Fragen gestellt und diskutiert: Ist Klassenbildung auf Öffentlichkeit angewiesen? Welche Formen von Öffentlichkeiten könnten was für Klassenbildungsprozesse leisten? Welche Einschränkungen ergeben sich für Klassenbildungsprozesse aufgrund des Strukturwandels von Öffentlichkeit in kapitalistischen Gesellschaften? Ausgangspunkt ist, dass polit-ökonomisch bestimmte Klassen(lagen) noch keine realen und mobilisierten Klassen (Klasse für sich) sind. Die Klassentheorie von E.P Thompson leistet dies und öffnen den Klassenbegriff für Öffentlichkeitstheorie. Öffentlichkeit ist dann der Ort, wo Erfahrungen mit Konflikten, die in der kapitalistischen Gesellschaftsstruktur gründen, artikuliert, geteilt, und vielleicht klassenförmig organisiert und mobilisiert werden können. Um diesen Prozess und die Chane einer klassenförmigen Organisierung und Mobilisierung von Erfahrungen zu verstehen und bewerten zu können, braucht man ein Verständnis dafür, wie verschiedene Formen der Öffentlichkeiten (im Zusammenspiel) funktionieren. Man benötigt Öffentlichkeitstheorie und kritische Analysen bestehender (Gegen-)Öffentlichkeiten unter kapitalistischen Bedingungen, um nachzuzeichnen, wie Erfahrungen mit dem Kapitalismus bearbeitet werden.
Literatur: Ritzi, C. (2013). Die Postdemokratisierung politischer Öffentlichkeit: Kritik zeitgenössischer Demokratie – theoretische Grundlagen und analytische Perspektiven. Berlin: Springer. S. 193-196, 262-267;   Thompson_Klassenkampf ohne Klasse_In_ Groth (Hg.)_Plebeische Kultur und moralische Ökonomie Frankfurt am Main: . S.263-268 (Abschnitt IV); Oskar Negt; Alexander Kluge_Öffentlichkeit und ErfahrungZur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp. S. 7-16
Zur Person: Dr. phil. Sebastian Sevignani ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dort arbeitet er an einem Habilitationsprojekt zu einer (Re-)Aktualisierung einer kritischen Theorie menschlicher Bedürfnisse. Weitere Forschungsschwerpunkte sind Analysen des digitalen Kapitalismus, historische-materialistische (Kommunikations-)Theorie und kritische politische Ökonomie (der Medien und der Kommunikation). Aktuelle Publikationen: Privacy and Capitalism in the Age of Social Media (2016); Medien im Kapitalismus (zus. mit Sevda C. Arslan, in Vorbereitung).

17.10-18.30: Politik in Italien vor Ort: was hat sich verändert? Was sind die Gründe? Und, zum Teufel, wohin geht das alles?
Wir freuen uns, abweichend von der ursprünglichen Planung  mit italienischen ReferentInnen (Alessandra Nardini, Landesrätin in der Regione Toscana seit 2015 und Rosa dello Sbarba, Volterranerin, und  auch Ivo Gabellieri, ehemaliger Bürgermeister Volterras (10 Jahre lang) über die aktuelle politische Entwicklung vor Ort, aber auch darüber hinaus diskutieren zu können! Was bedeutet die neue Machtkonstellation für die politische Situation vor Ort und in der Region? Wo gibt es Unterschiede, wer geht zusammen und wer nicht? Wie hat sich die politische Lage seit den Wahlen entwickelt?  Wo ist die Politik des Populismus erfolgreich – und wo nicht?  Wer setzt sich durch? Gibt es eine Opposition, gibt es eine Linke und interessiert sich jemand dafür? Welche sozialen Bewegungen (Gewerkschaften, Frauenbewegung etc.) gibt es (noch)? Welche Schwerpunkte setzt die Opposition?   

31. 8. Freitag. Profil des Tages: Transformative Öffentlichkeit

9.30-11.00 Öffentlichkeit in der Postdemokratie (David Salomon, Frankfurt/Hildesheim)
Zum Thema:
Die Diskussion um „Postdemokratie“ berührt seitdem Colin Crouch den Begriff populär gemacht hat auch Fragen der Öffentlichkeit: ihrer Privatisierung, Monopolisierung, Segmentierung, Kommerzialisierung. Linke Medienkritik trifft dabei zunehmend auf rechte (Stichwort „Lügenpresse“) und die Abwehrreaktionen des „Qualitätsjournalismus“. All dies sind Symptome eines neuerlichen Strukturwandels, bzw., einer tiefen Krise tradierter Öffentlichkeiten. Kann in diesem Kontext Gegenöffentlichkeit zu transformativer Öffentlichkeit werden?
Literatur:
Colin Crouch: Postdemokratie, Bonn 2008, S.7-13; Ingolfur Blühdorn: Simulative Demokratie., Berlin 2013 (S.12-25)
Zur Person: David Salomon, derzeit Gastprofessor für politische Bildung an der Universität Hildesheim. Zuvor Studium und Promotion in Marburg, tätig an den Universitäten Marburg, Darmstadt, Frankfurt/Main und Siegen. Arbeitsschwerpunkte: Politische Theorie, Demokratietheorie, Politische Bildung, Politische Ästhetik.

11.30-13.00: Öffentliche Transformationen – transformative Öffentlichkeiten. Wo gehen sie hin und wer treibt sie voran? (Hans-Jürgen Urban)
Zum Thema:
Zwei Umbruchprozesse werden thematisiert, deren öffentliche Zeugen wir sind: die Transformation der industriellen Wertschöpfung und die autoritäre Umformung der parlamentarischen Demokratie. Die eine hat das Potenzial eines progressiven Projektes, die andere ist Bestandteil der „großen Regression“, die die Gegenwartskapitalismen ergriffen hat. Und beiden ereignen sich in der Periode eines neuen „Strukturwandels der Öffentlichkeit“, der neue Kampffelder um Hegemonie hervorbringt. Gefragt werden soll: Was entscheidet über die Richtung dieser Veränderungen, wie lassen sich transformative Öffentlichkeiten erzeugen und schließlich: wer sind die Akteure und wie können und sollten sie in die Prozesse intervenieren?
Literatur: 
Epochenthema Migration: Mosaiklinke und Migration in: Blätter für deutsche und internationale Politik 9/2018, S.101-112;  Ökologie der Arbeit und soziale Transformation als Strategiethema, in:  Sozialismus 1/2018 S.53-60; Kampf um Hegemonie. Gewerkschaften und die neue Rechte, in: Blätter 3/2018
Zur Person: Hans-Jürgen Urban ist Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und dort für Sozialpolitik, Gesundheitsschutz, Arbeitsgestaltung und berufliche Bildung zuständig. 2003 promivierte er an der Universität Marburg und 2014 habilitierte er an der Universität Jena. Seither ist er dort Privatdozent für Soziologie und seit 2015 Permanent Fellow am Kolleg der DFG „Postwachstumsgesellschaften“.

13.-13.30 Abschliessende Runde

 

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